MartinaProfilbild01 Martina Unterharnscheid

Textilkunst.Objektkunst  
Der unbequeme Spagat zwischen Weltkulturerbe und Nischenexistenz 
 
Textilien gehören zu den ältesten Artefakten der Menschheit.  Wir finden sie in allen Bereichen des Lebens - auch und immer schon unter künstlerischen, kunsthandwerklichen, kulturellen und kulturgeschichtlichen Aspekten.  
Die Textilkünstlerin (eine wie ich) steht in mehrfacher Hinsicht in dieser Traditionslinie: mit der Verwendung von zum Teil „uralten“ Naturmaterialien, durch die Art und Weise der Erlernung spezieller handwerklicher Fähigkeiten auf meist autodidaktischem Wege, in der Weiterentwicklung der Formbarkeit, Gestaltung und Transformation des Materials - singulär und in Kombination mit anderen Materialien.  
Ich arbeite seit vielen Jahren künstlerisch mit textilen Materialien und begreife mich dennoch immer wieder als  Lernende.   
Am Anfang meines Weges stand das Beherrschen bestimmter Handwerke im Mittelpunkt, um aus textilem Material etwas zu gestalten, in Form zu bringen, so zu bearbeiten, dass ein „Stück Werk“ entstand. Heute strebe ich darüber hinaus: das textile Material ist nunmehr mein Bodenstoff, auf dem und aus dem heraus Kunst geboren wird. Kunst, wie ich sie in mir trage, begreife, visualisiere, sinnbehafte… Somit arbeite ich als Konzeptkünstlerin mit einer speziellen und hartnäckigen Materialvorliebe.  
Zunehmend mehr Künstler*innen und Kurator*innen erkennen das Potential der Textilkunst und gestalten neue Formate/Werke und erschließen sich Wege heraus aus der Nischenkunst; die künstlerisch-ästhetische Gestaltung ist bei Textilkunstwerken in den Vordergrund getreten. Funktionelle Aspekte haben an Bedeutung verloren.  
Meine Werke sind Rundum-Textil-Werke. Was auf den ersten Blick wie eine klassische Leinwand daherkommt, ist immer ein eigens für dieses Werk konzipierter und in vielschichtiger Näh –und anderweitiger Techniken erstellter Untergrund; ein Werk für sich. Auf diesem Untergrund/in diesem Underground experimentiere ich  mit Farbe, Objekten, Stempel- und Drucktechniken und erforschte dabei, wie weit Werk und Untergrund ineinander übergehen können – das eine in den Untergrund des anderen abtauchen kann. Das Spiel mit Wahrnehmung, Sinnlichkeit und Transparenz. 
Immer mehr erlaubt mir auch dieses Material ins Skulpturale, in das Objekt zu gehen. Dreidimensionales entsteht. Nicht immer sich selber tragend, aber immer mit einer textilen Haut. Und oft unterwirft sich das Material dem Thema, taucht ein oder steht im Vordergrund des Objektes.  
 
Martina Unterharnscheidt, Juni 2017
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